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Unconscious Biases

Tagtäglich ist unser Gehirn mit einer Vielzahl von komplexen Einflüssen und Informationen konfrontiert, die es verarbeiten muss. Da die Kapazität unseres Arbeitsgedächtnisses begrenzt ist, nutzt unser Gehirn ganz automatisch Abkürzungen, sogenannte Heuristiken oder Biases. Diese sind für uns unbewusst (auf Englisch: ‚unconscious‘). Wir entscheiden einfach ‚nach dem Bauchgefühl‘.

So nutzen wir Heuristiken im normalen Alltag, aber auch auf der Arbeit. Sie ermöglichen dem Gehirn Anstrengung zu verringern; denn nachdenken, reflektieren oder hinterfragen kostet uns Energie. Heuristiken sind daher oft nützlich für schnelle Reaktionen. In einigen Situationen sorgen sie jedoch dafür, dass wir schwer aus bereits bestehenden Bewertungsmuster herauskommen und fehleranfällig sind, beispielsweise in Personalauswahlgesprächen.


Was genau sind Unconscious Biases?


Es gibt viele Beispiele für Heuristiken, die in solchen komplexen sozialen Interaktionen auftreten. Einige fokussieren eher unsere Erinnerungen und andere eher unsere Beurteilung. Hier sollen exemplarisch nur einige genannt werden.


Eine Erinnerungs-Heuristik ist beispielsweise der Halo-Effekt. Dieser beschreibt, dass Urteile in Abhängigkeit von einem Merkmal gebildet werden, was auffällig ist oder hervorsticht. Im Nachhinein erinnern wir uns dann z.B. eher an die schicke Kleidung der Person, als an das was sie gesagt hat. Besonders bekannt sind auch Primacy- oder Recency-Effekte. Das bedeutet, dass man sich besonders gut an die Dinge erinnert, die zum Anfang oder zum Ende eines Gespräches genannt wurden. Das, was in der Mitte passiert oder besprochen wurde, wird am schlechtesten erinnert.


Bei der Beurteilung können unter anderem logische Fehler auftreten. Diese wirken zusammen mit impliziten Persönlichkeitstheorien, also Annahmen, die man möglicherweise unbewusst über Personen im Kopf hat. Ein Beispiel wäre die Annahme, dass alle Menschen mit Brille intelligenter wirken.

Eine weitere Heuristik sind kulturabhängige Beurteilungen. Diese treten auf, wenn zur Bewertung von Beobachtungen und Wahrnehmungen nur die ‚Kultur der Mehrheit‘ genutzt wird. Diese Kultur wird beispielsweise definiert durch die ethnische Majorität, das vorherrschende Geschlecht oder eine bevorzugte Altersgruppe. Passen Antworten oder ein Verhalten nicht in dieses Schema, dann werden sie schlechter bewertet. Frauen werden so bspw. gar nicht erst für Führungsaufgaben in Betracht gezogen, weil davon ausgegangen wird, dass aufgrund von Familienplanung dieser Schritt gar nicht geplant ist oder weil Frauen nicht in die bereits bestehenden Vorstellungen von einem erfolgreichen Manager passen.


Außerdem kann bei der retrospektiven Beurteilung von Situationen der Confirmation Bias auftreten. Das ist die Neigung, Informationen so auszuwählen und zu interpretieren, dass sie die eigenen Erwartungen erfüllen. Hat eine Person beispielsweise die Annahme, dass Frauen die Anforderungen an Führungspositionen nicht gut erfüllen können, so wird man tendenziell eher Dinge wahrnehmen, die das bestätigen, obwohl das objektiv gar nicht stimmt.


Wie kann man vermeiden, dass solche Biases auftreten?


Grundsätzlich ist das schwierig. Denn: Unser Gehirn braucht diese Abkürzungen, um nicht heillos überfordert zu sein.

Wichtig für Unternehmen und Führungskräfte ist es, sich diesen Denkabkürzungen bewusst zu sein und sie anzuerkennen. Ein Ansatz könnte sein, zu reflektieren, in welchen Situationen es besonders oft zur Nutzung von Heuristiken kommt. Häufig ist der Fall, wenn wir sowieso schon viel Stress haben, hungrig, sehr müde oder allgemein überfordert sind. In solchen Situationen hat das Gehirn noch weniger Kapazität zur Verarbeitung und verlässt sich möglicherweise mehr auf Abkürzungen.


Sollte man sich also gar nicht mehr auf sein Bauchgefühl verlassen? Nein, unser Bauchgefühl darf eine Rolle bei Entscheidungen spielen. Es ist jedoch wichtig, daneben auch eine umfassende und objektive Beurteilung der Situation zu machen und sich nicht nur darauf zu verlassen. Das kann beispielsweise durch Besprechung mit anderen an der Entscheidung beteiligten Personen passieren oder durch ein gründliches Überdenken und Reflektieren unserer eigenen Situation und deren Einflüsse auf die Entscheidung. Damit können wir sicherstellen, dass wir nicht nur aufgrund von Denkfallen entscheiden.

 

Willst Du noch mehr wissen? Unsere Literaturempfehlung:

Diagnostik- und Testkuratorium (2018). Personalauswahl kompetent gestalten. Grundlagen und Praxis der Eignungsdiagnostik nach DIN33430. Springer. https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-662-53772-5#toc


 




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