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Einfach nur aufs Bauchgefühl hören – Warum das nicht zum Erfolg bei der Personalauswahl führt

Viele alte Hasen schwören drauf und auch in sozialen Netzwerken liest man immer häufiger Beiträge zum Thema Personalauswahl „aus dem Bauch heraus“. Dabei fallen Aussagen wie: „Mich interessiert nur die persönliche Geschichte der Person, wozu soll ich mir vor dem Gespräch Fragen überlegen“, „Ich kann meinem Bauchgefühl mehr vertrauen als einem Interviewleitfaden“. Warum das meistens nicht der beste Weg ist, klären wir in diesem Beitrag aus der Sicht der psychologischen Eignungsdiagnostik. Denn wer sich ausschließlich auf das berühmte Bauchgefühl verlässt, wird schnell davon in die Irre geleitet.


Warum trügt uns unser Bauchgefühl?

Unser Gehirn nimmt täglich tausende von mentalen Abkürzungen, um die Anstrengung möglichst gering zu halten. Das passiert bei allen Menschen, ganz unbewusst und automatisch. Die Abkürzungen sind nämlich praktisch für schnelle Reaktionen und Routinen. Gleichzeitig können sie aber dazu führen, dass wir uns nur schwer von bekannten Verhaltens- und Bewertungsmuster trennen können. Das macht unsere Entscheidungen fehleranfälliger. Über das hier auftretende Phänomen der sogenannten Unconscious Bias ((auf Deutsch: unbewusste Verzerrung) haben wir schon letztes Jahr berichtet.

Solche Biases und mentalen Abkürzungen treten dann auf, wenn wir in der Personalauswahl nur auf unsere Intuition vertrauen. Beispielsweise kommt eine Bewerberin von einer sehr renommierten Universität. Daher nehmen wir an, dass sie besonders intelligent sein muss, ohne sie überhaupt zu kennen. Diese Einschätzung überschattet dann alles, was sie im Bewerbungsgespräch sagt und wir bewerten sie besser als andere, nur weil wir diese Vorannahme getroffen haben. Diese Überschattung der Einschätzung durch ein einziges Merkmal wird Halo-Effekt genannt. Dieser ist nur einer von vielen möglichen Verzerrungseffekten, mit denen uns unser Gehirn in die Irre führen kann.


Wie kann mir psychologische Eignungsdiagnostik helfen?

Begriffe wie psychologische Eignungsdiagnostik wecken bei vielen Bewerber*innen Unwohlsein. Es geht aber nicht darum, den Bewerber*innen in den Kopf zu schauen, sondern vielmehr darum eine fundierte Entscheidung mit messbaren Kriterien zu treffen. Und diese Kriterien sind für alle gleich. Das heißt, es kann eine faire und nachvollziehbare Entscheidung getroffen werden.

Denn unter psychologischer Eignungsdiagnostik versteht man verschiedene Tests und Verfahren, mit deren Hilfe das Verhalten, die Kompetenzen und Persönlichkeit von Bewerber*innen objektiv bewertet werden können. Mit diesen Tests kann die Passung zwischen Bewerber*innen und den Anforderungen der Zielposition geprüft werden. Das Ziel ist es, mit hoher Genauigkeit vorherzusagen, ob die Person für die Stelle geeignet ist oder nicht.


Wie kann ich das umsetzen?

Eignungsdiagnostik klingt erstmal kompliziert und abstrakt, ist es aber gar nicht.

  1. Ein erster und wichtiger Schritt ist die Erstellung eines Anforderungsprofils. Hier werden Kompetenzen zusammengetragen, die für die jeweilige Stelle entscheidend sind. Das können sowohl fachliche als auch soziale, persönliche oder methodische Kompetenzen sein. Das Anforderungsprofil ist der Dreh- und Angelpunkt der Eignungsdiagnostik. Auf diesem Profil basiert auch die Stellenbeschreibung für die Bewerber*innen. Ein Anforderungsprofil hilft auch den Bewerber*innen ein klares Bild von der Stelle zu bekommen. Beispiele für Kompetenzen können Teamfähigkeit, Flexibilität oder Kommunikationsfähigkeit sein.

  2. Ein Vorstellungsgespräch gehört in den meisten Unternehmen standardmäßig zum Bewerbungsprozess. Hier kann die Treffsicherheit der Auswahl gesteigert werden, in dem man sich im Vorhinein Fragen und einen Interviewleitfaden überlegt. Damit wird das Interview strukturierter. Die Fragen sollten hier ebenfalls auf dem Anforderungsprofil basieren und jede identifizierte Kompetenz abdecken. Eine Frage für Teamfähigkeit könnte beispielsweise sein: Bitte erzählen Sie uns von einer Situation, in der Sie mit Personen zusammenarbeiten mussten, die Sie noch nicht gut kannten. Wie sind Sie zur Lösung der Aufgabe vorgegangen?

  3. Ein weiterer Schritt kann sein, mehrere Personen aus dem Team/Unternehmen in einem Vorstellungsgespräch zu haben. Durch eine anschließende Diskussion von Eindrücken aus dem Gespräch können subjektive Einflüsse und damit die Biases einzelner Personen verringert werden. Das erhöht ebenfalls die Genauigkeit der Vorhersage.


Ihr wollt mehr über psychologische Eignungsdiagnostik erfahren? Unsere Literaturempfehlung:

Diagnostik- und Testkuratorium (2018). Personalauswahl kompetent gestalten. Grundlagen und Praxis der Eignungsdiagnostik nach DIN33430. Springer. https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-662-53772-5#toc


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